Zusammenfassung: Zwei Nachbarn, die sich in den Haaren liegen, versuchen, ihren Streit mit Hilfe einer Mediatorin beizulegen.
Stil: Dramatic.   Dauer: 7min.   

Rollen:
Alexandra Mittelfrau (Mediatorin)
Tom Stritter (Nachbar)
Reto Dachs (Nachbar)
Assistentin von Frau Mittelfrau

 

 

Skript


(Szene: Es finden Szenenwechsel zwischen dem Büro des Mediations-Service und dem Grundstück der beiden Nachbarn statt. Vorne auf der Bühne steht ein Bistro-Tisch mit 3 Stühlen. In der Mitte der Bühne, im rechten Winkel zu den Zuschauern, ein Zaun. Auf einem der Stühle sitzt Frau Mittelfrau. Die Assistentin kommt zur Turmtür herein.)


Assistentin: Herr Stritter und Herr Dachs sind hier, Frau Mittelfrau. Soll ich sie hereinführen?
Mediatorin: Ja bitte, Sarah, führe sie herein.
Assistentin: (geht zur Turmtür, winkt die beiden herein): Kommen Sie, meine Herren. Frau Mittelfrau ist bereit, Sie zu empfangen. (Tritt ab).
Mediatorin: (steht auf): Willkommen beim Mediations-Service, Herr Stritter (schüttelt ihm die Hand) und Herr Dachs (schüttelt ihm die Hand). Mein Name ist Alexandra Mittelfrau. Bitte – nehmen Sie Platz (sie nehmen Platz). Danke, dass Sie sich entschlossen haben, für Ihre Situation Mediation in Anspruch zu nehmen, und dass Sie sich die Zeit genommen haben, heute hierher zu kommen. Ihre Anwälte haben mir Ihre Situation schriftlich skizziert, aber ich wäre froh, wenn Sie beide mir jeweils Ihre Version des Geschehenen erzählen könnten. Vielleicht Sie zuerst, Herr Stritter.
Herr Stritter: Die Sache ist ganz einfach. Dieser Herr hier ist ein rücksichtsloser Emporkömmling, der meint, er könne sich einfach über die Rechte und Gefühle anderer hinwegsetzen.
Herr Dachs: So, so? Und Sie sind ein eingebildeter Mensch, der ohne jeden Anstand einfach drauflos plappert.
Alexandra Mittelfrau: Meine Herren, bitte! Wir werden nicht vorankommen, wenn Sie nur Beleidigungen austauschen. Ihre Gefühle sind wichtig, aber zuerst muss ich die Fakten wissen. Was ist denn wirklich passiert? Können Sie es noch einmal versuchen, Herr Stritter? (Lächelt ihn an). Nur die Fakten!
Herr Stritter: Hmmh! Nun, also, es fing alles damit an, dass meine Mutter übers Wochenende zu uns kam. Sie ist schon alt, und äußerst Lärm-empfindlich. (Er steht auf und geht zu seiner Seite des Zaunes) Meine Frau hatte es ihr gerade gemütlich gemacht nach der langen Reise, da fängt nebenan eine Kettensäge an.
Herr Stritter: (Geräusch einer Kettensäge hörbar). Was um alles in der Welt! Das ist das allerletzte, was wir jetzt brauchen! (Versucht, den Lärm zu überschreien). Hey, Reto, kannst du mal aufhören damit? Meine alte Mutter ist gerade angekommen, und dieser Krach reißt ihr den letzten Nerv aus! (schreit noch lauter): Hey, Reto, ich fragte, ob du diese Höllenmaschine nicht abstellen kannst!? (An die Mediatorin gewandt): Aber er hat nicht auf mich gehört, sogar, als ich rübergegangen bin, hat er es nicht eingesehen.
Herr Dachs: (setzt Ohrenschützer auf, geht auf seine Seite des Zaunes, nimmt Kettensäge in die Hand) Ich versuchte, ihm zu erklären, dass ich diese Kettensäge nur für einen Nachmittag ausleihen konnte und dass ich irgendwie mit diesem blöden Baum fertigwerden musste, bevor der Winter kommt. Und dass es zu seinem Besten war. Wenn ein ordentlicher Südwind kommt, würde der Baum nämlich genau auf seiner Garage landen.
Herr Stritter: Und dann, um noch eins drauf zu setzen, zogen an jenem Abend auch noch die [Bandname] ein. (Geräusch von lauter Rockmusik und Partylärm hörbar) Du liebe Güte! Ich glaub’s ja nicht! Dachs, was fällt dir eigentlich ein? Stell diese grauenhafte Musik leiser, oder ich hole die Polizei! (An die Mediatorin gewandt): Ich bin sofort hinüber gegangen, aber Sie werden es nicht glauben – die haben mich nicht einmal reingelassen! Da habe ich die Polizei angerufen, und sie sagten, ich müsse den Gemeindepräsidenten anrufen. Als ich den endlich am Telefon hatte, war ich schon kurz vor dem Nervenzusammenbruch und muss ihm aus Versehen die falsche Adresse angegeben haben. Jedenfalls brauchte er 4 Stunden, bis er endlich kam. Bis dahin war der Krach vorbei.
Herr Dachs: (an die Mediatorin gewandt): Ich war gar nicht daheim, als das passiert ist. Es war der Geburtstag meiner Tochter, und ich hatte ihr erlaubt, ein paar Freunde einzuladen, während meine Frau und ich im Kino waren. Ich hatte ihr sogar noch eingeschärft, nicht zu viel Krach zu machen wegen der alten Frau Stritter nebenan. Aber sie haben sich da offenbar nicht daran gehalten, und ich nichts von der Sache, bis der Gemeindepräsident bei uns auftauchte. Ich habe meiner Tochter sofort die Leviten verlesen, aber da war der Schaden schon geschehen. Am nächsten Morgen stand ich draußen in meinem Garten und überlegte mir, wie wir uns am besten entschuldigen könnten, als....
(Ein Ball fliegt über den Zaun auf Herrn Dachs zu, man hört eine Glasscheibe zerbrechen)
Herr Dachs: (schreit): Da hast du es! Dein unvernünftiger Sohn hat es wieder getan! Das ist das dritte Mal in diesem Jahr! Warte nur, bis ich ihn erwische, dann will ich ihm das Fell gerben! (Geht und hebt den Ball auf, wirft ihn verärgert zurück. Man hört eine Glasscheibe zerbrechen) Oh, Mist! Naja, wie du mir, so ich dir.
Herr Stritter (schreit): Dachs, was fällt dir ein! Du hast gerade mein neues Gewächshaus zerbrochen!
Herr Dachs: Na und, dein idiotischer Sohn hat gerade mein Fenster eingeschlagen!
Herr Stritter: Wen nennst du da einen Idioten? Wenigstens hat er nicht eine arme alte Frau in den Nervenzusammenbruch getrieben wie deine rücksichtslose Krachorgie gestern Abend!
Herr Dachs: (an die Mediatorin gewandt): Ich fürchte, an diesem Punkt ist die Sache einfach eskaliert.
Herr Stritter: Wenn dein Baum noch einmal faule Birnen auf meiner Seite des Zaunes abwirft, komme ich und schmiere sie dir ins Gesicht!
Herr Dachs: Ich lasse dein Auto abschleppen, wenn es noch einmal meine Einfahrt blockiert. Da hast du es!
Herr Stritter: (wirft eine Hundekottüte über den Zaun): Hier ist der Hundsdreck, den dein Hund hinterlassen hat, und wenn du den Hund zurückhaben willst, rufst du wohl am besten im Tierheim an.
Herr Dachs: Dieses Baumhaus hast du ohne Bewilligung gebaut. Ich glaube, der Baureferent wird sich sehr dafür interessieren!
(Beide “frieren ein”, kehren zurück auf ihre Plätze im Mediations-Büro)
Mediatorin: Kurz gesagt, haben Sie beide sich in einem Teufelskreis verfangen, in einer Eskalationsspirale von Verletzen und Wiederverletzen. Und wissen Sie, keiner von Ihnen hatte ursprünglich vor, den anderen zu verletzen, aber jetzt wissen Sie nicht, wie Sie aus diesem Teufelskreis ausbrechen können.
Herr Dachs und Herr Stritter (zusammen): Er hat angefangen!
Mediatorin: Und es braucht Sie beide, um daraus auszubrechen. Ich bitte Sie nun beide, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Sie sind zu mir gekommen, um aus diesem Durcheinander wieder herauszufinden. Hier ist mein Vorschlag: Als einen ersten Schritt möchte ich, dass Sie beide dem anderen Ihren guten Willen beweisen. Das wird nicht leicht sein, aber versuchen Sie es bitte trotzdem. Und dann bauen Sie auf diesen ersten Schritt auf und stellen Sie die gute Beziehung, die Sie nach meiner Überzeugung einmal hatten, wieder her. (Alle stehen auf) Danke, dass Sie gekommen sind. Viel Glück!
(Sie tritt ab. Die beiden Männer gehen auf ihre jeweilige Seite des Zaunes)
Herr Stritter: Den guten Willen beweisen” (entschlossen) Nur, wenn er den ersten Schritt macht! (dreht dem Zaun den Rücken zu).
Herr Dachs: Eher werden die Pinguine Tango tanzen, als dass der irgendetwas unternimmt! (dreht dem Zaun den Rücken zu).
Man hört eine Türglocke läuten.
Herr Dachs und Herr Stritter (zusammen): Ich gehe hin! (Beide gehen zu ihrer Tür und kommen mit einem Kuchen zurück)
Herr Stritter: Ich glaub’s ja nicht! Er hat es getan!
Herr Dachs: Nicht zu fassen! Vielleicht gibt es für ihn noch Hoffnung!
(Sie “frieren ein”. Mediatorin und Assistentin kommen ins Büro.)
Assistentin: Um 3 Uhr kommt Herr Müller. Das sind dann alle Termine für heute.
Frau Mittelfrau: Danke, Sarah. Schön, dass es heute etwas ruhiger ist.
Assistentin: (Bemerkt etwas auf frau Mittelfraus Kleid.) Entschuldigen Sie, da ist etwas auf Ihrem Rock, Frau Mittelfrau. Es sieht aus wie – ist das Mehl?
Frau Mittelfrau: Das könnte sein. (Lacht) Ich habe gestern Abend noch etwas gebacken. Und für uns beide habe ich auch etwas zurückbehalten. Hier, lassen wir es uns schmecken!
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© John McNeil 1998, all rights reserved. (Translated by Hannah Stettler, This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.
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